JVA muss Langzeitausgang neu entscheiden – und gewährt anschließend vollen Hafturlaub  

In einem aktuellen Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve konnte ein wichtiger Erfolg für den Mandanten erzielt werden: Die Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen wurde verpflichtet, über den zuvor gestellten Antrag auf Langzeitausgang neu zu entscheiden – unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Das Ergebnis: Mein Mandant erhält seitdem den vollen Umfang von sechs Tagen Langzeitausgang pro Monat.

Dieser Beschluss zeigt einmal mehr, wie wichtig eine fachkundige anwaltliche Begleitung im Strafvollzug ist – insbesondere, wenn es um Vollzugslockerungen geht, die die spätere Entlassungsprognose maßgeblich beeinflussen.

Worum ging es?

Mein Mandant verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten. Der Zweidritteltermin steht unmittelbar bevor. Um die Entlassung sinnvoll vorbereiten zu können, beantragten wir Langzeitausgang nach § 59 Abs. 2 StVollzG NRW – ein gesetzlich vorgesehenes Instrument, das bis zu sechs Tage pro Monat umfasst.

Die JVA lehnte jedoch ab. Begründung: Man gehe von einer Vollverbüßung aus, Entlassungsvorbereitungen seien deshalb erst im Jahr 2026 möglich.

Die JVA stützte sich dabei allein auf einen veralteten Vollzugsplan, ohne das aktuelle Vollzugsverhalten, gewährte Lockerungen oder den Stand des parallelen Verfahrens zu berücksichtigen.

Warum war die Ablehnung rechtswidrig?

Das Landgericht Kleve stellte klar:

1. Die JVA muss die voraussichtliche Entlassung zugrunde legen – nicht blind auf Vollverbüßung abstellen.

Bei § 59 StVollzG NRW ist entscheidend, wann der Gefangene voraussichtlich entlassen wird.
Dazu gehört zwingend die Prüfung, ob eine Reststrafaussetzung nach § 57 StGB ernsthaft in Betracht kommt.

Im Fall meines Mandanten wurde sogar ein Sachverständigengutachten angeordnet – ein klares Zeichen dafür, dass die Kammer eine Bewährung nicht ausschließt.

2. Die JVA darf sich nicht allein auf Vorstrafen und alte Pläne stützen.

Das Gericht kritisierte ausdrücklich, dass:

  • das beanstandungsfreie Verhalten,
  • die bereits gewährten Lockerungen,
  • und die stabile Entwicklung seit über einem Jahr

von der JVA völlig ignoriert wurden.

3. Der Vollzugsplan ist nicht isoliert bindend.

Auch wenn der Vollzugsplan selbst nicht gerichtliche überprüfbar ist, kann seine veraltete Prognose nicht als starre Grundlage dienen.

Die Gewährung von Langzeitausgang beeinflusst nämlich die spätere Entlassungsprognose – und umgekehrt.

Gerade deshalb müssen neue Entwicklungen stets einbezogen werden.Verteidigung ist.

Download: Beschluss des LG Kleve